„One Battle After Another“

(USA / 162 Minuten/ Start in Deutschland: 25. 09. 2025)

Geradezu genial. – Drehbuchautor und Regisseur Paul Thomas Anderson überrumpelt das Publikum mit einem wilden Mix aus Spannung und Satire. Große Unterhaltung – mit dem gewissen Etwas. Denn wer mag, kann zahlreiche Anspielungen auf gegenwärtige politische Entwicklungen in den USA entdecken und bei allem Spaß auch die kleinen grauen Zellen ankurbeln.

   Angeregt wurde der Spielfilm von dem 1990 erschienenen Roman „Vineland“ des US-amerikanischen Autors Thomas Pynchon. Anderson hat die Vorlage mit Respekt durch den cineastischen Fleischwolf gedreht und sich so einige Freiheiten genommen. Sein Film beginnt mit einem Verweis darauf, dass er (aus einer zeitlich nicht genau bezeichneten Gegenwart) erstmal sechzehn Jahre zurückblickt. Der damals recht junge Bob Ferguson (Leonardo DiCaprio) will an der Seite seiner schwangeren Geliebten, der schwarzen Aktivistin Perfidia (Teyana Taylor), die Welt umkrempeln. Zum Besseren, klar. Sie gehören zur Gruppe namens „French 75“. Banküberfälle und andere Missetaten weisen sie als Terroristen aus. Aber sie wollen auch wirklich Gutes tun: So befreien sie beispielsweise 200 Gefangenen aus einem Detention Center, einer Haftanstalt der US-Einwanderungsbehörde ICE. Was deren Kommandant, Colonel Steven J. Lockjaw (Sean Penn), Nationalist und Rassist reinsten Dreckwassers, persönlich nimmt. Er will Rache. Die fürchtet Bob nun noch immer, sechszehn Jahre später. Angst hat er besonders um seine und Perfidias Tochter Willa (Chase Infiniti). Dummerweise taugt er nicht sonderlich als Beschützer. Alkohol und Drogen haben sein Gehirn vermutlich nicht nur benebelt, sondern längst auf ein Minimum reduziert. Gut, dass er Freunde wie Karatelehrer Sensei (Benicio del Toro) hat. Denn der vfanatische Lockjaw taucht tatsächlich in dem abgelegenen Wüsentkaff, das Bob als Versteck gewählt hat, auf …

   Marihuana anbauende Nonnen, die gern auch mal zu schweren Feuerwaffen greifen, gehören zum illustren Personal der Mordsshow. Interessanter: Die deutliche Kritik an einem autokratischen System, das Andersdenkende und Menschen, die keine weiße Hautfarbe haben, ausgrenzt. Dabei wird durchweg auf satirische Überspitzung gesetzt. Lockjaw etwa bewirbt sich um die Mitgliedschaft in einer geheimen faschistischen Organisation namens „Christian Adventurer Club“. Das sind bewaffneten Nationalisten und Rassisten, die hinter den Kulissen die Wirtschaft der USA kontrollieren, um so viel persönliche Profit wie nur möglich zu erbeuten. Ein reines Hirngespinst? Heftigster Schockmomente des Films: Lockjaw nimmt mit bis an die Zähne bewaffneten Polizisten und Soldaten wegen einer angeblichen Drogen- und Immigrantenrazzia eine Kleinstadt in den Würgegriff. Das mutet nicht ausgedacht an. Sofort kommen einem aktuelle Nachrichtenbilder in den Sinn.

   Sean Penn, Leonardo DiCaprio, Benicio del Toro spielen groß auf. Doch Chase Infiniti zeigt in ihrer ersten Spielfilm-Rolle als Willa absolutes Star-Potential. Sie behauptet sich nicht allein neben den Superstars, sie spielt sie alle an die Wand. Eben mutet sie aufrührerisch an, dann sofort ganz sanft, grad clever, schon hilflos. Man hält den Atem an. Der Klasse des Schauspiels entspricht auch alles andere: Inszenierung, visuelle Gestaltung, Musikeinsatz, Szenenbild, Kostüm … Nur ein Beispiel: Der Film bietet eine der aufregendsten Autojagden der Filmhistorie. Da rast erst ein, dann rasen zwei, schließlich drei Wagen über eine Wüstenpiste. Laufend hebt und senkt sich die Straße, so dass deren Verlauf kaum einzusehen ist. Kamera und Schnitt sorgen mit originellen Einstellungen dafür, dass man sich im Kino wie in einem Fiebertraum fühlt. Der Film dauert 161 Minuten. Wenn der Abspann beginnt, will man nicht glauben, dass mehr als zweieinhalb Stunden vergangen sind.

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