(Frankreich, 109 Minuten/ Start in Deutschland: 10. 04. 2025)
Wohlfühl-Kino mit Herz und Verstand. – Autor und Regisseur Éric Besnard mag es leise, verhalten, gefühlvoll, geistreich. Bei seinen Spielfilmen wie „À la Carte! – Freiheit geht durch den Magen“ und „Die einfachen Dinge“ ist ihm ein großes Publikum gefolgt. Das dürfte wieder so sein.
Die Story spielt vor historisch verbürgtem Hintergrund, nämlich der Einführung der allgemeinen, verbindlichen Schulpflicht 1882 in Frankreich, während der Vierten Französischen Republik.
In Folge der neuen Gesetzgebung wird Louise (Alexandra Lamy) von Paris in ein abgeschiedenes Bergdorf geschickt. Dort allerdings trifft sie auf Ablehnung. Die Kinder werden von den überwiegend ärmlichen Bauernfamilien als Arbeitskräfte gebraucht. Wozu Bildung? Unverständnis herrscht vor. Außerdem gelten die Regeln männlicher Dominanz. Von einer Frau aus der Stadt, noch dazu einer, die offenbar schwer an ihrer Vergangenheit trägt, will sich niemand etwas sagen lassen. Lediglich Bürgermeister Joseph (Grégory Gadebois) hilft ihr. Zunächst. Als schließlich Unerhörtes aus Louises Vergangenheit an den Tag kommt, scheint auch er sich abzuwenden …
Éric Besnard bedient Sehgewohnheiten erfreulicherweise nur häppchenweise. Das wohl von vielen Erwarteten Happy End in sattem Rosarot bleibt aus. Unterschiedlichste soziale Hintergründe lassen sich nun einmal nicht wegromantisieren. Schön, dass das nicht in Agitation abgleitet. Die Tableaus sind durchweg mit feinem Pinselstrich gemalt. Alexandra Lamy („Belle Fille – Plötzlich Schwiegertochter“) gibt der Titelfigur durchweg eine unverrückbare Würde. Sie führt keine glatte Sympathieträgerin vor, sondern einen eher spröden Charakter. Absolut glaubwürdig. Grégory Gadebois („À la Carte!“) brilliert als Joseph. Mit kleinsten Gesten und einem Minimum an Mimik lotet er die Figur zwischen gelegentlich fast kindlich anmutender Unschuld und sturer Großmannssucht aus. Neben den beiden fesseln viele Akteure, zum Beispiel Patrick Pineau als besonnener Priester, Jérémy Lopez im Part des verzweifelt um seine Existenz kämpfenden Bauern Rémi und insbesondere der zur Zeit der Dreharbeiten knapp 12jährige Ernest Mourier als dessen Sohn Jules. Sie alle begeistern. So auch die Bilder von Laurent Daillant. Seine Kamera tanzt mitunter durch die idyllische Landschaft, fängt dabei aber immer auch die Zeichen der harten, für viele Leute entbehrungsreichen Zeit ein. Es gibt viel zu sehen – und damit, bei aller Lust an prallen Gefühlen, reichlich Stoff zum Nachdenken.