„Janes Austen und das Chaos in meinem Leben“

(Frankreich/ 194 Minuten/ Start in Deutschland: 16. 10. 2025)

Verblüffend. – Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ wurde gefühlt schon unzählige Male ins Kino gebracht. Die französische Regisseurin Laura Piani hat den Roman nun nicht direkt auf die Leinwand übertragen. Sie hat sich zu einer in der Gegenwart spielenden Geschichte anregen lassen. Einige Elemente des Buches hat sie geschickt übernommen, viele klugerweise weggelassen.

   Der Spielfilm-Erstling von Laura Piani ist kein Meisterwerk. Es holpert gelegentlich in der Dramaturgie, die Musik ist hier und da zu aufdringlich, visuelle wird zu sehr auf satte Schönheit gesetzt. Doch die Vielschichtigkeit der Story fesselt: Agatha (Camille Rutherford) arbeitet sie in Paris in einer Buchhandlung. Sie ist eine große Verehrerin von Jane Austen und träumt von einer eigenen Karriere als Schriftstellerin. Doch sie vertraut ihrem Können nicht. Die Mittdreißigerin hält von ihr bereits geschriebenen ersten Kapitel eines geplanten Liebesromans zurück. Aber Freund und Kollege Félix (Pablo Pauly) schickt das Manuskript heimlich bei einem Wettbewerb ein. Agatha gewinnt ein Stipendium in England. Sie wird für einige Zeit in die „Jane Austen Writers‘ Residency“ eingeladen. Auf dem historischen Landsitz trifft sie Oliver (Charlie Anson), einen Nachfahren ihres Idols. Wobei er kein Fan seiner Ahnin Jane Austen ist. In jeder 08/15-Komödie würde nun erzählt, wie die zwei Kontrahenten zueinander finden. Darum geht es hier auch. Auch. Im Zentrum steht jedoch die Story einer nicht mehr blutjungen Frau, die endlich lernen muss, zu sich selbst zu stehen.

   Es darf gelegentlich geschmunzelt, manchmal sogar laut gelacht und sogar in Romantik geschwelgt werden. Unterhaltsam. Doch das Entscheidende ist die Erkundung eines Emanzipationsprozesses. Camille Rutherford ist die ideale Interpretin der Agatha. Sie entwickelt eine überzeugende Charakterstudie, anfangs eher spröde, durchweg sensibel, schließlich ein wenig selbstbewusster. Sie macht sensibel deutlich, wie schwer es ist, zu sich selbst zu finden und dann auch zu sich selbst zu stehen. Da dürften viele im Kinosaal eigene Erfahrungen entdecken.

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