(Deutschland 2023/ 71 Minuten/ Der Film tourt seit Oktober 2025 in Deutschland durch die Kinos. Informationen zu Aufführungsterminen über „https://www.fortisfemfilm.com/distribution“)
Reine Kinomagie. – Was so an Ankündigungen zu diesem Film zu finden ist, lässt eine Art Lehrfilm vermuten. Weit, weit gefehlt. Belehrung oder vordergründige Wissensvermittlung bleibt aus. Stattdessen lädt Regisseurin Alisa Berger zu einer so ungewöhnliche wie bezwingenden sinnlichen Erfahrung ein. Wer sich auf das Kaleidoskop aus mal zufällig, dann wieder stark inszeniert anmutenden Momentaufnahmen einlassen kann, hebt an zu einer Reise ins eigene Ich. Das ist manchmal verwirrend, oft bezaubernd, insgesamt von bezwingend-schlichter Schönheit.
In Lexika oder im Internet lassen sich viele Erklärungen und Beschreibungen zur Kunst des Butoh finden. Oft atmen sie den Hauch einer romantisierenden Verklärung dieser für Mitteleuropäer exotisch anmutenden Kunst. Tanz, Pantomime, Sport, Schauspiel? Jede Zuschauerin und jeder Zuschauer darf eigene Antworten finden. Worauf es aber nicht ankommt. Viel wichtiger dürfte für die meisten die Erfahrung sein, ein neues Bewusstsein für den eigenen Körper zu spüren, sich selbst anders als bisher zu erfühlen. Das beginnt schon beim raffiniert gestalteten Vorspann: Lichter, Farben, Geräusche, Stimmen versetzen das Publikum in eine vibrierende Anspannung. Und die wird noch gesteigert. In den besten Momenten glaubt man, selbst Teile einer Butoh-Performance zu sein.
Das in den Medien zu „Invisible People“ mehrfach zu entdeckende Etikett Dokumentarfilm ist falsch. Essay trifft es besser, aber auch nicht wirklich. Zu erleben ist ein auf Film gebanntes Flanieren, Schweben, Verharren, Staunen. Da sind Menschen und Masken, manchmal wohl auch Puppen, die scheinbar in eine andere als die gewöhnliche Sphäre des menschlichen Daseins schweben und stampfen und sich drehen und auch innehalten. Kurzporträts von Protagonisten des Butoh lassen erahnen, welche Anstrengungen auch mit dieser Kunst verbunden sind. Ganz klar: Wer die Welt entdecken will, muss sich mühen.
Formal besticht der Film mit dem Rhythmus der Bild-Montagen, die sich der oft wie aus einer anderen Welt anmutenden Ton-Ebene perfekt anschmiegen. Oder ist es umgekehrt? Schmiegt sich die Akustik dem Visuellen an? Egal. In der Einheit wird eine suggestive Kraft erreicht, die vermutlich nicht wenige im Publikum in eine Art Trance versetzen dürfte. – Kinofans, die Erklärungen brauchen, auf Logik setzen, auf Stringenz, könnten es schwer haben mit diesem Film. Wer sich einlassen kann auf Unbekanntes und Lust verspürt, sich dem Unbekannten im eigenen Ich zu nähern, erleben eine Offenbarung.