„Der Salzpfad“

(Großbritannien/ 115 Minuten/ Start in Deutschland: 17. 07. 2025)

Bestsellerverfilmung, die dank hochkarätiger Schauspielkunst besticht. – Kurz vor dem deutschen Kinostart wurde in den Medien heftig spekuliert und diskutiert, ob Raynor Winn, die britische Autorin des 2018 erstmals herausgekommenen Reiseberichts „Der Salzpfad“, die Leserschar getäuscht hat. Die Recherchen einer britischen Journalistin sollen verschiedene Unwahrheiten ergeben haben. Im Raum steht beispielsweise der Vorwurf, es sei nicht wirklich ein Sachbuch. Wesentliche Details seien erfunden oder gar verfälscht.

   Das Buch, gehandelt als Tatsachenbericht, schildert eine Wanderung der Autorin und ihres Mannes entlang des South West Coast Path, einem berühmten mehr 1000 Kilometer langen Wanderweg an der Küste Südenglands. Anlass waren, so sagt das Buch, unverschuldete finanzielle Probleme des Paares und eine schwere Erkrankung von Raynors Gatten Moth. Die Tour und die bewusste Nähe zur Natur haben den beiden Kraft geschenkt und den Lebensmut gestärkt. Die Journalistin meint, sie habe herausgefunden, dass vieles davon nicht stimme. So habe sich die Autorin finanzielle Unregelmäßigkeiten zuschulden kommen lassen und Raynor und Moss wären deshalb in Not geraten. Gewichtigster Vorwurf: Der Mann wäre nie derart krank gewesen, wie beschrieben. Raynor Winn hat sich dagegen öffentlich zur Wehr gesetzt, hat beispielsweise ärztliche Dokumente veröffentlicht, sich auch gegen die Aussage gestemmt, sie habe sich in Sachen Geld nahezu kriminell verhalten. Zweifelsfrei geklärt ist in Bezug auf die Vorwürfe und die Entgegnungen bisher nichts.

   Das Buch, so der Anschein, ist nun für manche Leser (damit mögliche Kinobesucher) in Misskredit geraten. Genommen als Tatsachenbericht, haben viele aus dem Gelesenen Schlüsse für sich selbst gezogen, sahen ihre Hoffnung gestärkt, dass selbst aus den schlimmsten Lebenslagen Rettung möglich ist. Verunsicherung hat sich breit gemacht. Der Vorwurf des Betrugs steht im Raum.

   Der Film als eigenständiges Kunstwerk sollte davon unabhängig gesehen werden, selbst dann, wenn sich herausstellen sollte, dass die Story reine Fiktion ist. Kino-Hits wie „Love Story“ (1970), „Zeit der Zärtlichkeit“ (1983) oder „Brokeback Mountain“ (2005) sind es auch. Sie wirken durch die Kunst der Inszenierung, eine kluge visuelle Gestaltung und exzellentes Schauspiel aber wahrhaftig. Die darin erzählten (erfundenen!) Geschichten haben Millionen ergriffen und zum Nachdenken angeregt. Und das gelingt auch diesem Spielfilm.

   Gillian Anderson ist Raynor Winn. Sie agiert fern von Star-Allüren. Nichts da mit Glamour. Sie tritt nahezu ungeschminkt auf. Das Ringen um Würde und Hoffnung, die Auseinandersetzung mit Angst und Schmerz, offenbart die Schauspielerin meist mit kleinsten schauspielerischen Mitteln. Es mutet absolut glaubwürdig an, wie Raynor gleichsam über sich selbst hinauswächst. Die eindringlichsten Szenen sind jene, in denen das Miteinander des Ehepaares gespiegelt wird. Jason Isaacs harmoniert bestens mit seiner Kollegin. Die Chemie stimmt. Auch er haut nicht auf die Pauke, sondern tritt zurückhaltend auf. Das sorgt durchweg für emotionale Intensität und Wahrhaftigkeit.  

Schreibe einen Kommentar