„We Did ok, Kid“

Anthony Hopkins „We Did ok, Kid. Die Autobiografie – Deutsche Ausgabe“, Goldmann, 384 Seiten; mit farbigem Bildteil und schwarz-weißen Illustrationen; Preis: 26,00 Euro

Anthony Hopkins hat sich in seiner sechs Jahrzehnte dauernden Kino-Karriere mit vielen einprägsamen Charakterstudien Weltruhm erspielt – beispielsweise in „Das Schweigen der Lämmer“, „Wiedersehen in Howards End“, „Was vom Tage übrig blieb“, „Nixon“, „Die zwei Päpste“, „Father“. Er gewann bisher zwei Oscar, zahlreiche andere Preise und die Zuneigung eines Millionenpublikums. Jetzt hat der aus Wales stammende Schauspieler und Regisseur seine Autobiographie veröffentlicht. Der inzwischen 87-jährige hat kein Blatt vor den Mund genommen. Er setzt sich mit seinen Jahren des Alkoholmissbrauchs auseinander, mit dem in vielfacher Hinsicht von ihm verantworteten Scheitern mehrerer Ehen, dem Schmerz, den er seiner einzigen Tochter zugefügt hat, als er sie und ihre Mutter verließ. Dabei tischt er keine wohlfeilen Erklärungen auf. Man glaubt ihm seine Hilflosigkeit, wenn er darüber nachdenkt, wieso er erst in sehr hohem Alter zu einigen Einsichten und Momenten der Reue gelangen konnte. Die Frage nach Entschuldigung bleibt aus. Er schreibt mit erstaunlicher Härte sich selbst gegenüber.

   Hier wird nicht geplaudert. Vieles wirkt wie der nüchterne Bericht eines Mannes, dem aufgegangen ist, dass er viel zu selten jene Herzlichkeit und Empathie ausstrahlen konnte, wie er es, jedenfalls im Rückblick, gern getan hätte. Auch der Fluss des Erzählens ist nicht leichtfüßig. Da gibt es scharfe Kanten, Sprünge, Auslassungen. Und, das mag manche in der Leerschar enttäuschen: Klatsch kommt nicht vor. Prominente Namen fallen äußerst selten. Der Autor schaut vor allem auf seine eigene Entwicklung, auf den Weg aus dem mittelständischen Elternhaus, einer Bäckerei, auf wichtige Bühnen und in große Filmstudios. Das tut er nicht mit Selbstbeweihräucherung, sondern überaus kritisch, nachdenklich, manchmal gar düster, sogar schmerzlich offenherzig.

   Freunde der Schauspielkunst wird besonders erfreuen, wir ernsthaft er über seinen Beruf nachdenkt, dabei deutlich darauf verweist, dass ein Darsteller allein nichts ist, dass er seine Wirkung der Arbeit vieler Kolleginnen und Kollegen auch und vor allem jenseits des Scheinwerferlichts verdankt. Dabei kommt nie der Verdacht der Koketterie auf. Nicht dass er sich uneitel gibt, übertrieben bescheiden. Doch es ist ihm wichtig, all jenen zu danken, die es ihm ermöglicht haben, seine künstlerischen Ambitionen mit Erfolg in Taten umzusetzen. Ein bisschen zu kurz kommt dabei seine Leidenschaft für die Malerei und das Komponieren. Beides hat er ebenfalls mit Erfolg betrieben.

   Anthony Hopkins gibt nicht alles, aber doch viel von sich selbst preis, seiner Sicht auf die Welt, seinem Verständnis von Selbstverwirklichung. Bei letzterem fühlt er sich, was das Private angeht, wohl bis heute als zu oft Gescheiterter. So spricht er im Buch seine 1968 geborene Tochter Abigail, die sich von ihm und von der er sich entfremdet hat, direkt an, wünscht ihr Glück und beschwört sie geradezu, den Kontakt zu ihm zu suchen. Man hält – nicht nur da – den Atem an.

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