„Wenn der Herbst naht“

(Frankreich/ 102 Minuten/ Start in Deutschland: 28. 08. 2025)

Schön vertrackt und hinterhältig – und dazu herzergreifend! – Mit fast 50 Videos, Dokumentationen, Kurz- und Spielfilmen in nicht einmal 40 Jahren gehört der Franzose François Ozon nicht nur zu den derzeit fleißigsten, sondern auch zu einfallsreichsten europäischen Regisseuren. Seine Bandbreite reicht von Komik bis Tragik, albern bis gedankenreich. Diese Melanchomödie bietet von allem etwas.

   Es fängt ziemlich aufregend an, wovon aber unaufgeregt erzählt wird: Die schon recht betagte Madame Michelle (Hélène Vincent) hat Besuch von ihrer Tochter Valérie (Ludivine Sagnier) und dessen halbwüchsigem Sohn Lucas (Garlan Erlos). Der Enkel soll einige Zeit bei der Oma verbringen. Die kocht zur Feier des Tages Pilze. Valerié, die als einzige von dem Gericht isst, stirbt fast daran. Ins Leben zurückgeholt, vermutet sie einen Mordanschlag ihrer Mutter. Weshalb Lucas nicht bei der Großmutter bleiben darf. Was Michelle zutiefst betrübt. Selbst Freundin Marie Claude (Josiane Balasko) kann nicht trösten. Das gelingt erst deren grad aus dem Knast entlassenem Sohn Vincent (Pierre Lottin). Um wieder Fuß zu fassen, verdingt er sich bei Michelle als Hilfe in allen Lebenslagen. Sie empfindet eine große freundschaftliche Zuneigung zu ihm. Die er erwidert. Doch dann tritt ein Todesfall ein, dessen Umstände nicht klar sind. Und plötzlich geht wirklich alles drunter und drüber …

   Mehr zum Inhalt zu verraten, wäre höchst gemein. Denn die Story entwickelt eine schöne Spannung. Die für viel Vergnügen sorgt. Das größte resultiert daraus, wie Ozon augenzwinkernd eine luftige Unmoral feiert. Motto: Wer immer nur auf geraden Wegen wandelt, verpasst das Beste, das bekanntlich oft ein wenig im Abseits liegt. Da verwischen die Grenzen zwischen Gut und Böse rasch. Was einen dazu bringt, darüber nachzudenken, ob man dem eigenen Dasein nicht vielleicht hier und da mal eine Prise Abwegiges gönnen sollte. Kurzum: bürgerliche Normen werden gehörig infrage gestellt. Das lässt einen oft schmunzeln, führt aber ebenso zu einigen herzergreifenden Momenten.

   Das Schauspiel-Ensemble überzeugt durchweg. Nie wird auf die Tube gedrückt. Verhaltenheit dominiert. So weiß man denn auch oftmals nicht so recht, wer da grad wen an der Nase herumführt. Reizvoll. Dazu können sich Filmkenner über kleine Verweise auf berühmte Kinohits freuen. „Miss Marple“, so wie sie einst von Margaret Rutherford berühmt gemacht wurde, lugt gern mal um die Ecke. Auch Alfred Hitchcocks „Immer Ärger mit Harry“ kommt einem in den Sinn, außerdem Claude Chabrols „Violette Nozière“. Ein großer Spaß!

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